Vietnam und Angkor Wat (Kambodscha)
Inhalt
- Die Reise Ihres Lebens ↓
- Vorbemerkung ↓
- Vietnam ↓
- Das Sapa-Hochland, der Norden und die Grenze zu China ↓
- Hanoi ↓
- Ha Long-Bucht ↓
- Hoi An ↓
- Insel Cam Kim ↓
- Mekong Delta ↓
- Saigon/Ho-Chi-Minh-Stadt ↓
- Vietnam Resümee ↓
- Kambodscha ↓
- Angkor ↓
- Tonle Sap-See, Siem Reap ↓
- Corona - Covid-19 ↓
- Fazit ↓
- Science Fiction ↓
"Die Reise Ihres Lebens" ↑
... so titelte die Reiseagentur. Ja, das war sie gewiss - aber nicht, weil sie nicht steigerbar oder perfekt gewesen wäre. Sie war es, weil sie - zumindest für Albert - einen vorläufigen Schlussstrich unter die Reisen darstellt, die wir in den Jahren bisher erleben konnten. Sie war es, weil wir nach allen bisherigen Reisen unseren Horizont nochmal weit geöffnet haben und sehr viele Eindrücke intensiv aufgenommen haben. Sie war es, weil wir auf keiner einzelnen Reise so viele intensive unterschiedliche - und doch gleiche - Eindrücke gewinnen konnten.
Du brauchst nicht um die ganze Welt zu reisen, um zu bemerken, daß der Himmel überall blau ist.
Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832
Dass Goethe damit recht hat - im wörtlichen, wie im übertragenen Sinne - wussten wir natürlich schon vor der Reise. Dennoch: Wir waren neugierig, denn zu Südostasien hatten wir bisher eine gemischte emotionale Beziehung. Wir verbanden mit Reisen nach Südostasien Massentourismus und Pauschalreisen, Strand und Clubs, Dschungelsafaris und Pagoden - aber das konnte doch nicht alles sein.
Das Angebot des Reiseveranstalters Chamäleon bot die Gelegenheit, Vietnam (Landkarte), ein Land in mehreren Klima- und Lebenszonen zu bereisen und dabei Land und Leute auch abseits der oben erwähnten Partymeilen und Touristenzentren kennen zu lernen. Außerdem konnten wir anschließend die Region Angkor mit dem sagenhaften 1000 Jahre alten größten Tempelkomplex der Welt in Kambodscha besuchen. Wir konnten nicht widerstehen und buchten voller Neugier die oben verlinkte Reise mit einem 5-tägigen Anschlussprogramm um Angkor Wat.
Vorbemerkung ↑
So bereisten wir Vietnam, beginnend im kühlen Hochland im Nordwesten, über die gemäßigte Mitte bis nach Süden ins feucht-warme Mekong-Delta. Zwei Inlandsflüge verkürzten die Reisezeit zwischen den Zielen, die in Summe ca. 1500 km Luftlinie auseinander lagen. Das Leben der Menschen in den verschiedenen Klimazonen unterscheidet sich nur unwesentlich. Allerdings schien uns der Norden weniger üppig, das Leben dort war einfacher. Je weiter man nach Süden kommt, desto wohlhabender scheinen die Menschen zu sein. Der begrenzte Wohlstand der Vietnamesen gründet sich einerseits auf der Fruchtbarkeit des Landes, andererseits auf den Fleiß und die Geschäftigkeit der Menschen dort. Diese sind überall aktiv und freundlich, nie aufdringlich und scheinen immer gut gelaunt.
Und obwohl dort vieles anders ist, als in den Ländern, die wir zuvor besuchten, fanden wir doch auch reichlich Parallelen:Desillusionierend war beispielsweise, wie sich die Lebensverhältnisse der einfachen Bevölkerung weltweit ähneln. Menschen mit Smartphones auf Lehmboden - dieses Bild zeigt sich in Vietnam ebenso wie in Kuba und in Marokko. Die Konsumgesellschaft hat sie alle fest im Griff.
Eine weitere Parallele sind die tradierten Aberglauben: in Vietnam sind es Ahnenkulte, Buddhismus und Hinduismus, in Kuba christliche Riten und afrikanische Einflüsse, in Marokko ist es die islamische Prägung.
Im Gegensatz dazu spielt sich bei uns im "Westen" auch unser emotionales tägliches Leben vor allem in der Markt-Wirtschaft - und weniger im Spirituellen ab. An den Kontrasten zwischen deren und unserem Leben zeigt sich, wie wenig unsere westliche Gesellschaft noch im Banne von religiösen (Vergangenheits-)Kulten und Riten lebt. Bei uns ist die geistige Orientierung vom Jenseits fast komplett ins Diesseits gewandert. Wir feiern den Wohlstand die Schönheit und die Selbstdarstellung im hier und heute, und statt tradierter Zwänge erfinden wir neue Zwänge, um Teil der lebendigen Gemeinschaft um uns herum zu werden bzw. zu bleiben.
Doch genug der Nachdenklichkeit, nun zum Bericht über das Erlebte.
Vietnam ↑
Vietnam ist ein fruchtbares Land mit vielen Bodenschätzen. Beides hat im Laufe der Jahrhunderte viele Begehrlichkeiten bei anderen Herrschern und Ländern geweckt. Und so sind immer wieder Kriege geführt worden, unter denen vor allem die Bevölkerung regelmäßig gelitten hat. So sieht man auch heute noch viele Menschen mit Missbildungen als Folge der US-Kriegsführung mit Entlaubungschemikalien, und Verkrüppelte wegen der Landminen der Vietcong. Im Kriegsmuseum in Saigon bekommt man einen Eindruck, welches Leid die Vietnamesen auch noch nach dem Ende der Kolonialherrschaft der Franzosen erdulden mussten.
Doch die Menschen scheinen nicht entmutigt. Sie versuchen, das Erlebte hinter sich zu lassen und leben friedlich, freundlich und betriebsam.
Heute führen in dem kommunistisch regierten Land die meisten Menschen auf dem Land ein einfaches Leben. Ohne Hunger, aber auch ohne großen Luxus. Dabei gibt es jedoch unglaubliche Gegensätze:
- In einem Reisebus 'made in China' mit WLAN und mobiler Internetverbindung fuhren wir durch das Hochland im Norden, wo die Menschen unter einfachsten Verhältnissen leben.
- Im Sapa-Hochland werden täglich die staatlichen Nachrichten noch per Lautsprecher in die Dörfer übertragen, während junge Leute auf dem Smartphone Jump-and-Run-Spiele spielen und Videos schauen.
- Während das Corona-Virus sich weltweit verbreitet, werden lebende Tiere, offenes Fleisch und Innereien auf den Märkten verkauft.
- Bauchläden und fliegende Händler auf der Straße bieten ihre Waren gegenüber von Luxushotels an.
Zu unserem Reiseablauf:
Das Sapa-Hochland, der Norden und die Grenze zu China ↑
Unsere Reise begann Ende Februar 2020 in der Hauptstadt Hanoi. Hanoi war auch der Regierungssitz von Nordvietnam, als das Land noch geteilt war. Dort stehen kommunistische Tempel wie das Ho-Chi-Minh-Mausoleum und gegenüber ein neues Parlamentsgebäude. Daneben ein Gebäude aus der Zeit, in der Vietnam französische Kolonie war. Hier treffen Epochen aufeinander.
Von Hanoi aus ging es ins Sapa-Tal, das für seine Reisterrassen berühmt ist, und in die umliegenden Berge. Wir waren am Ende der Trockenzeit dort. Deshalb war die Landschaft nicht grün von Reispflanzen, sondern eher braun und trocken. Man darf Ende Februar nicht das Bilderbuchwetter der Werbefotos erwarten. Zu dieser Jahreszeit ist es eher kühl und Morgennebel sind die Regel. Auch tagsüber stieg das Thermometer nur wenig über die 20°C-Marke. Also bot es sich an, zu Fuß die Gegend zu erkunden. Wanderungen über die Reisterrassen, Besuch von Dörfern, einheimisches Handwerk, Märkte, ...
Es ist keine reiche Gegend, die Menschen leben von der Landwirtschaft - und etwas vom Tourismus. Die Grenze zu China ist nahe und in der Gegend leben einige ethnischen Gruppen, die Wurzeln und Verwandte in China haben. So bekommt man eine Idee, wie sich das Leben 20 km weiter nördlich in der VR China abspielt.
Es gibt praktisch nur kleine Dörfer, und überall beobachteten wir gemütlich grasende Wasserbüffel in den Reisfeldern, denn noch war der Reis nicht eingesät. Aller Orten sahen wir geschäftiges Treiben der Vietnamesen: Reisterrassen pflegen, Straßen ausbessern, Vieh versorgen, angeln ... Die Familien leben sehr einfach in Hütten oder schmalen Häusern. Wir waren in einigen Häusern und sahen z.B. Kochstellen auf dem Boden, an denen noch über offenem Feuer gekocht wird. Trotzdem herrscht selbst unter einfachsten Bedingungen höchste Sauberkeit und Ordnung.
Für uns als Europäer*innen gewöhnungsbedürftig ist der offene Verkauf von Fleisch. Der Anblick geschlachteten Muskelfleisches ist ja bekannt, ungewohnt sind die Innereien jenseits der Leber, die wir zu Hause an der Fleischtheke gar nicht mehr sehen. Ganz neu war für uns ein zerlegter Hund. Wir haben in einigen Dörfern viele junge, quicklebendige Hunde gesehen - also fast ausschließlich junge Hunde. Hunde gelten als Delikatesse - und tatsächlich sah das dunkelrote Hundefleisch sehr vielversprechend aus. Es ist allerdings sehr teuer, und so musste keiner aus unserer Reisegruppe befürchten, aus Versehen Hundefleisch zu essen.
Auf allen Märkten waren übrigens alle Stände mit einer Nummer und einer Adresse ausgezeichnet. Das lässt auf eine gut funktionierende Verwaltung schließen, die sich um die Einhaltung der öffentlichen Regeln für Handel und Hygiene kümmert. Und so ordentlich haben wir es auch wahrgenommen.
Schon bevor wir im Sapa-Tal ankamen, hatte die Regierung dort bereits Schulen und Kindergärten geschlossen. Das Coronavirus zog seine Kreise und einige der Mitreisenden wurden nervös; besonders am letzten Tag unserer Tour durch den Norden. An diesem Tag machten wir einen Abstecher an die chinesische Grenze im Ort Lao Cai am Roten Fluss. Er ist die Grenze. Die Brücke, die den Grenzübergang darstellt, war auf beiden Seiten verrammelt und verriegelt. Auf der vietnamesischen Seite waren viele Geschäfte geschlossen, denn normalerweise - so wurde uns erkärt - belebt hier der kleine Grenzverkehr das Geschäft erheblich. Wir konnten vom Fluss aus die Grenze und das gegenüberliegende Land unbehelligt fotografieren und waren irgendwie sehr beeindruckt davon, in "Rufweite" zu dem sonst so fernen China zu sein.
Hanoi ↑
Zurück in Hanoi prallen die Lebensweisen aufeinander: Straßenhändler, wie wir sie im Hochland sahen in einer Stadt, in der es praktisch alle westlichen Industrieprodukte gibt - inklusive einer Maybach-Luxuslimousine.
Das Gewusel ist in Hanoi deutlich intensiver als im Hochland - der Puls der Großstadt ist zu spüren, das Leben ist ein wenig hektisch. Dort waren wir vor allem in der Stadtmitte unterwegs - leicht touristisch geprägt, aber noch authentisch. Wir fühlten uns in Hanoi recht wohl: eine Metropole mit asiatischem Charme. Man kann abends durch die Stadt schlendern, findet für jeden Geschmack ein Restaurant, kann sich aber auch bei den Straßenhändlern frisches Essen besorgen. Das haben wir auch getan und es nicht bereut. Das Studentenviertel sollte man abends auf keinen Fall auslassen, hier sitzen die jungen Leute auf Plastikstühlchen in Reihen vor den Restaurants und pflegen ihre Kontakte.
Recht ungewoht war für uns der Straßenverkehr. Erst nach ein bisschen Übung erlangten wir die nötige Gelassenheit, um die Straßen entspannt zu überqueren. Hauptverkehrsmittel ist im ganzen Land das Moped und es wimmelt dort nur so davon. Aber die Vietnamesen sind sehr aufmerksame, gelassene Verkehrsteilnehmer: wer sich langsam bewegt, und Blickkontakt mit den ankommenden Fahrer*innen aufnimmt, um den wird drumherum gefahren. Meistens sitzt nur eine oder zwei Personen auf einem Moped. Aber wir haben auch mehr als einmal gesehen, dass eine vierköpfige Familie mitsamt dem Einkauf auf einem einzigen Gefährt unterwegs war. Außerdem staunten wir immer wieder über - aus unserer Sicht - sehr abenteuerliche Warentransporte, einige konnten wir fotografieren. Aber anders als die Bilder vermuten lassen, war es weniger laut als erwartet und auch die Luft war nicht schlechter als in europäischen Innenstädten während der 80er-Jahre. Die Mopeds waren übrigens alle sehr gepflegt und in gutem technischen Zustand.
Ha Long-Bucht ↑
Unvermeidbar - pardon - obligatorisch ist ein Besuch der Ha Long-Bucht. Wir hatten das Glück, zwei Nächte auf einer Dschunke zu verbringen, die komfortable Zweierkabinen mit Dusche und WC bot. Beim Einschiffen auf die Dschunke machten wir zum ersten Mal mit einer öffentlichen Fiebermessung anlässlich der Ausbreitung von Covid-19 Bekanntschaft: Alle aus unserer Gruppe waren zum Glück "cool".
Die Bucht ist wirklich schön anzusehen und durchaus zu Recht UNESCO-Welterbe und ergo weltberühmt. Ein verschwiegenes Plätzchen ist sie aber nicht - zumindest nicht mehr. Erstaunlicherweise leben dort aber immer noch einige Familien auf dem Wasser. Das wird aber sicher nicht mehr lange der Fall sein, denn von den Erträgen des Fischfangs dort ist mit den heutigen Ansprüchen nicht mehr auszukommen. Außerdem versucht die Regierung, die "Nomaden des Wassers" dazu zu bewegen, in feste Behausungen an Land umzuziehen. Immerhin gibt es aber selbst in den schwimmenden Dörfern eine Grundschule. So wird sichergestellt, dass die Kinder lesen und schreiben lernen. Zudem sind auch einige Handelsschiffe in der Ha Long-Bucht unterwegs, bzw. liegen vor Anker. Das Motiv "einsame Ha Long-Bucht" für eine Postkarte kann heute nicht mehr so einfach fotografiert werden. Wer das haben möchte, muss die Bildbearbeitungs-Software bemühen.
Dennoch fanden wir die paar Tage auf dem Boot angenehm, denn wir hatten ein aktives Rahmenprogramm. Das war auch gut so, denn die Sonne zum Liegen auf dem Sonnendeck kann dort nicht garantiert werden und Ende Februar ist es dort einfach noch zu kalt, um sich vor allem dem Sonnenbad zu widmen. So machten wir Erkundungen per Beiboot, Kajak und auch zu Fuß auf eine Insel. Wir konnten auch auf einem kleinen Fischerboot beim "Touristen-Fischfang" teilnehmen, d.h. gefangen wurde natürlich Fische, wir durften beim "Fische Aufscheuchen durch lautes Trommeln" helfen. Ein anderes, sehr schönes Erlebnis für uns waren die beiden frühmorgendlichen Tai Chi-Stunden an Deck der Dschunke vor der wunderschönen Kulisse der Karstfelsen.
Hoi An ↑
Mit einem Inlandsflug ging es dann nach Da Nang, einer Großstadt an der Küste. Sie liegt nahe Hoi An, unserem nächsten Ziel. Man hätte diese Distanz auch per Bahn oder Bus überbrücken können, aber dafür 1-2 Tage einplanen müssen.
Hoi An ist für uns irgendwas zwischen Kleinod und Touristenfalle. Früher war es mal eine wichtige Hafenstadt. Dort konnten Chinesen und Japaner, die sich offiziell bekämpft hatten, miteinander Handel treiben, ohne die jeweils Anderen ins eigene Land zu lassen. Irgendwann wurden aber die Schiffe größer, die Europäer kamen ins Spiel, und die Hafenstadt verlor an Attraktivität. Damit verlagerte sich der Handel ins benachbarte Da Nang. Hoi An blieb eine kleine Stadt mit kleinen, maximal 2-stöckigen Gebäuden, ganz ohne moderne Hochhäuser.
Seit 1999 ist die ganze Stadt UNESCO-Welterbe. Und damit ist dort auch der Konsum angekommen. Die Stadt lebt heute von Seidenprodukten und vor allem vom Tourismus. Die Seidenlaternen sind für Hoi An quasi das Identifizierungsmerkmal. Und leider findet man im Zentrum der Stadt neben ein paar Museen und Pagoden nur noch Restaurants und Souvenir-Läden. Das normale Leben spielt sich mehrere Straßen weiter weg vom Wasser ab. Wir erlebten Hoi An allerdings schon nicht mehr so überlaufen, denn als wir dort waren, hatte die Corona-Epidemie bereits weitere Kreise gezogen. Weil die Grenzen zu China geschlossen waren, mangelte es auch in Hoi An an chinesischen und koreanischen Touristen, die in Vietnam etwa die Hälfte der Gäste ausmachen.
Hoi An fanden wir im inneren Bereich extrem kitschig. Ein Alleinstellungsmerkmal sind die abendlichen Lampion-Gondelfahrten auf dem Fluss. Ansonsten kann man durch die Sträßchen flanieren, das frische Essen in Form von Streetfood zu sich nehmen, oder in Restaurants bei einer Flasche französischem Rotwein speisen. Wir haben alles ausprobiert, fühlten uns aber in den weniger touristischen Straßen wohler als im Touristenstrom.
Auf dem "Nacht-Markt", der treffender mit "Dunkelheitsmarkt" übersetzt werden sollte, denn der schließt um ca. 21:00 Uhr, kann man alles mögliche erwerben: die Palette reicht von in China produzierten billigen Reisemitbringseln bis zu frisch gebratenen Fröschen. Interessant fanden wir auch den Blick in die vielen Nähstuben. Bis spät am Abend sieht man dort Näher und Näherinnen, die maßgeschneiderte Kleidungsstücke herstellen. Die gewünschten Modelle und Stoffe kann man sich über Tag in unzähligen Läden aussuchen. Keine 24 Stunden später liegen die handgefertigten Kleidungsstücke zur Abholung bereit. Wir haben zwar nichts gekauft, aber einige unserer Gruppe haben dieses Angebot nicht ausschlagen können.
Insel Cam Kim ↑
Der nächste Tag brachte weitere, neue Erfahrungen mit sich: Wir fuhren im Jeep-Konvoi über die Insel Cam Kim, besuchten verschiedene lokale Familienunternehmen, fuhren in einem Bambus-Rundboot durch einen Wasserkokosnusswald und badeten im südchinesischen Meer. Aber von vorne: Etwas befremdlich fanden wir den Transport der Reisegruppe in alten US-Army-Jeeps. Allerdings schien die Ankunft von 4 Jeeps voller Touristen keinen Vietnamesen zu beunruhigen. Unsere Stopps führten uns zu einem Familienunternehmen, das die typische Fischsauce produziert, zu einer Kaffeerösterei - Vietnam ist heute weltweit nach Brasilien der zweitgrößte Kaffeeproduzent - und zu einer Familie, die Reispapier herstellt. Von dort ging es ans Wasser und wir wechselten das Verkehrsmittel: Weiter ging es auf ein Schiff und dann in Rundboote, die uns im wahrsten Sinne des Wortes vorkamen wie "Nussschalen". Einheimische steuerten die Boote direkt in einen Wasserkokosnusswald. Diese Pflanzen gibt es ausschließlich in Mangrovenwäldern. In dem flachen Gewässer leben reichlich Krebse, die wir mit Unterstützung der Bootslenker*innen angelten, aber im Anschluss wieder ins Wasser zurücklegten. Anschließend besuchten wir noch ein nettes Restaurant am Strand, wo wir ein Bad im südchinesischen Meer nehmen konnten: Angenehm warmes Wasser und ein wunderbarer Sandstrand sind die Zutaten, die dieses Fleckchen Erde zu einem Ort machen, an dem man manche Stunde verweilen könnte ...
Mekong Delta ↑
Der nächste große Sprung ging per Flugzeug nach Saigon/Ho-Chi-Minh-Stadt und von dort per Bus ins Mekong-Delta. Die fruchtbare Gegend ist durchzogen von kleinen Siedlungen, in denen geschäftiges Treiben herrscht. Kleine Manufakturen und Obstbauern leben hier in Einklang mit der Natur. Wer Entspannung nach einem Besuch von Großstädten sucht, ist hier bestens aufgehoben.
Auch hier muss man sich allerdings ein bisschen auskennen und wissen, wo es etwas zu sehen gibt. Unser Guide führte uns zu einer Puffreis- und Bonbon-Manufaktur, beide liegen versteckt irgendwo an einem Kanal. Wir sahen Korbflechterinnen und zahlreiche Obstplantagen mit Früchten, deren Namen wir vorher nicht kannten: zum Beipsiel Durian, Rambutan, Sternapfel und Drachenauge. Mit dem Fahrrad ging es weiter, zurück auf's Boot und dann zu einer Strohhut-Manufaktur. Es fühlte sich an wie eine Zeitreise zurück in die Kaiserzeit, denn dort arbeiteten die Menschen an Maschinen aus dem Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Sie sind dort immer noch täglich im Einsatz. So haben wir, wann immer wir jetzt zuhause lesen "Made in Vietnam", eine andere Vorstellung als bisher: vieles ist tatsächlich Manufaktur, also handgemacht.
Saigon/Ho-Chi-Minh-Stadt ↑
Saigon und Ho-Chi-Minh-Stadt - das sind zwei Namen der selben Stadt. Anders als Hanoi ist Saigon eine eher we(s/l)tliche Metropole. Ja, Tourismus wie in jeder Großstadt, aber eben auch ein ganz "normales" Metropolenleben. Im Vergleich zu Hanoi geht es hier deutlich westlicher zu, neben dem Mopedverkehr gibt es auch viel Autoverkehr, die Straßen sind nicht mehr so eng und die Bauten entsprechend höher. Für Europäer ist das sicher ein schöner Abschluss einer Vietnamreise, weil die Stadt wieder auf die Heimat einstimmt.
Kurz vor Schluss wurde es sehr ernst und traurig: Wir besuchten das Kriegsmuseum in Saigon. Von der Regierung errichtet, wird dort die Geschichte aus Sicht der Vietnamesen erzählt und erklärt. Bewegt hat Jutta vor allem die Ausstellung über die Kriegsreporter mit den Bildern der "letzten Filmrollen": Dort werden Menschen portaitiert, die über den Krieg berichteten und bei ihrer Arbeit ums Leben kamen. Dazu deren letzte Fotos, die grausame Szenen festhielten. Fassungslosigkeit riefen bei uns auch die Bilder der Menschen hervor, die aufgrund der Angriffe mit Agent Orange mit Fehlbildungen geboren wurden und heute noch geboren werden, zumal bis heute keine Entschädigungen der USA in relevanter Höhe geflossen sind. Auch die Nachbildung der Gefängnisse zeigte, wie unglaublich brutal dort vorgegangen wurde. Das alles hat uns sehr bewegt und ließ uns zurück mit der unbeantworteten Frage: Wie können Menschen anderen Menschen so etwas antun? Und wir stellen uns die Frage: Was kann ich tun, damit so etwas nicht mehr passiert bzw. dort, wo es heute noch praktiziert wird, aufhört?
Vietnam Resümee ↑
Wir haben uns in Vietnam sehr wohl gefühlt. Freundliche Menschen, an den Touristenorten geschäftstüchtig, aber nicht übertrieben aufdringlich. Touristisch erschlossen, aber dennoch den eigenen Charakter bewahrend. Es gibt viel zu sehen und zu erleben, wenn man sich ein bisschen Zeit nimmt oder einen guten einheimischen Reiseführer hat. Die Monumente sind ganz nett, die (Kultur-)Landschaften schön. Aber wirklich bewegt hat uns der Einblick in das Leben der Menschen zu Hause, bei der Feldarbeit, in den Straßen und auf den Märkten. Zu unserer Reisezeit - Februar/März war das Klima übrigens auch im Süden mit knapp über 30°C sehr angenehm und noch nicht zu feucht.
Kambodscha ↑
Aber wir waren noch nicht auf dem Heimweg. Wer als Europäer in dieser Ecke der Welt ist, ist gut beraten, sich ein paar Tage die ca. 1000 Jahre alten Tempelanlagen von Angkor Wat anzusehen. So waren wir bereit, bei Tageshöchsttemperaturen von 38°C "alte Trümmer" zu besteigen. Auch hier hatten wir Glück im Unglück: normalerweise sind die Anlagen überlaufen von Touristen. Das Coronavirus hat uns hier verhältnismäßig viele freie Blicke ermöglicht. Der Besuch der Tempelanlagen sollte allerdings mit reichlich Trinkwasser geplant werden. Fotos, die eine reiche Vegetation darstellen, täuschen darüber hinweg, dass die Sonne dort gnadenlos brennt.
Angkor ↑
Wir haben uns zwar nicht merken können, wann welcher Tempel von wem erbaut wurde. Aber wir haben verstanden, dass die etwa 1.000 Tempel nicht zufällig angeordnet und entstanden sind, sondern dass vor ca. 1.000 Jahren dort vermutlich etwa 1 Million Menschen über mehrere Generationen gut organisiert gelebt haben. Das ist beeindruckend, wenn man bedenkt, dass in Europa zur selben Zeit in kaum einer Stadt überhaupt mehr als 100.000 Einwohner lebten. Allein der Wasserspeicher, der für die zentrale Anlage errichtet wurde, hat eine Fläche von 16 qkm und ist heute noch gefüllt. Dazu kommen Wasserstraßen für den Transport der Baustoffe.
Bestürzend ist allerdings, dass die Touristenströme seit einigen Jahren derartige Dimensionen angenommen haben, dass ein Erhalt der Stätten nur möglich scheint, wenn der Zutritt massiv eingeschränkt wird. Auch die zahlreichen Konservierungsmaßnahmen, unterstützt durch internationale Organisationen, werden nicht verhindern können, dass dort einiges an Geschichte "weggetreten" wird. Zudem tragen auch die eindrucksvollen Würgefeigen dazu bei, dass die Anlage weiter verfällt. Wo es möglich ist, werden die Bauwerke gestützt und geschützt. Die gigantischen Bäume, die bereits die Anlagen in Besitz genommen haben, können aber nicht beseitigt werden, ohne noch größere Schäden zu hinterlassen. Außerdem sind sie natürlich das Markenzeichen für Angkor.
Tonle Sap-See, Siem Reap ↑
Doch nicht nur Angkor Wat fanden wir sehenswert. So besuchten wir von Siem Reap (der Stadt bei Angkor Wat) aus den Tonle Sap-See. Es ist der größte Süßwassersee Asiens, dessen Fläche stark schwankt. Denn wo andere Länder starken Tidenhub aufgrund der Mondphasen haben, haben die Kambodschaner an diesem Binnensee einen extremen Wasserstandswechsel von 8-10 m zwischen den Jahreszeiten. Der Pegel des Sees steigt und fällt mit den Jahreszeiten so stark, dass am Ufer Pfahlbauten errichtet wurden, die am Ende der Trockenzeit geradezu grotesk wirken.Erster Anlaufpunkt war ein Dorf am Seeufer. Dann fuhren wir auf einem Boot auf den See zu einem schwimmenden Dorf. Dort hat eine erkleckliche Anzahl Menschen keine feste Behausung, sondern lebt das ganze Jahr auf oder an dem See auf dem Boot. Auch hier leben die Menschen einfach, aber ohne erkennbare Anzeichen von Armut - genau wie im Hochland von Vietnam.
Unser Guide zeigte uns rund um Siem Reap auf dem Weg zum Tonle Sap-See noch einiges aus dem alltäglichen Leben der Einheimischen. So lernten wir, wie man Klebreis mit Bohnen in Bambusrohr verpackt, als praktisches To-go-Essen herstellt. Im Gegensatz zu unseren "modernen" Mitnahmegerichten ist die kambodschanische Verpackung nicht nur preiswert, sondern auch zu 100% biologisch abbaubar - und lecker war das portable Reisgericht noch dazu.
Siem Reap ist mittlerweile eine reine Touristenstadt, geprägt vom Rummel um Angkor. Hier gab es dann auch die Partymeilen und Restaurant-Straßen, die wir aus Berichten kannten. In den Restaurants und Bars war allerdings die Stimmung ziemlich gedrückt, denn das Fehlen der chinesischen Touristen schlug bereits sehr aufs Budget. Jutta hörte im Gespräch, wie ein Touristenführer zum anderen sagte: "No tourists, no food". So hoffen wir für die mehrheitlich arme Bevölkerung, dass die Pandemie bald ein Ende haben wird, denn erfahrungsgemäß trifft es die Ärmsten am stärksten.
Corona - Covid-19 ↑
Schon vor Beginn der Reise fragten Freunde besorgt: "Wollt Ihr wirklich reisen?". Wir hielten - Mitte Februar, also noch vor der berühmten Kappensitzung in Heinsberg - das Risiko für überschaubar. Auch die Tatsache, dass Vietnam Airlines auf dem Flug die Kabinentemperatur hochdrehte, um eventuelle Viren zu bekämpfen, beunruhigte uns nicht. Das Gegenteil war der Fall.
In Vietnam selbst nahmen wir nur die Schließung der Schulen und Kindergärten wahr. Da viele Asiaten zum Selbst- und Fremdschutz ohnehin regelmäßig Mundschütze tragen, fanden wir auch die Schutzmasken im Straßenbild wenig Besorgnis erregend. Abgesehen davon hat es das Virus in warmen Regionen erheblich schwerer, sich auszubreiten - so glaubte man damals.
Nervosität kam erst Anfang März auf, als die Alarmsignale international deutlich lauter wurden. Mit Bangen verfolgten wir die Flugstornierungen und hofften, von Kambodscha und Vietnam noch zurück zu kommen. Am Abflugtag waren 75% der in Siem Reap angeschlagenen Flüge mit "cancelled" markiert. Sie wären nach China, Korea und Japan gegegangen. Nach Vietnam kam man noch, aber auch als Transitreisende wurden wir nochmal auf Fieber überprüft. Und aus Vietnam heraus startete eine prall gefüllte Linienmaschine nach Frankfurt.
In Frankfurt angekommen, kamen wir problemlos durch die Pass- und Zollkontrolle - ohne Fiebermessung bei der Einreise. Als wir dann auf dem Parkplatz neben unserem Auto standen, holten wir erst mal tief Luft. Wir waren froh, wieder zu Hause zu sein.
Anderthalb Wochen nach unserer Ankunft wurde dann die Kontaktsperre verkündet.
Fazit ↑
Die Reise Ihres Lebens - siehe oben - ist immer die nächste, denn es könnte die letzte gewesen sein.
Das klingt jetzt erst mal makaber, denn die meisten denken dabei an ihre eigenen Gebrechen.
Tatsächlich zeigt uns aber die gegenwärtige Situation Anfang Mai 2020, wie fragil unser Ökosystem, die Weltwirtschaft und unser "globales" Leben ist.
Geradezu absurd erscheint es, dass eine Lebensform, die 500-mal kleiner ist, als ein Haar breit ist, das Zusammenleben der Menschen binnen Monaten aus den Angeln hebt. Ein Virus, das sich selbst nicht vermehren kann, verändert das Leben einer Art, die wie keine andere in das Leben vieler Arten massiv eingegriffen hat.
würden wir glauben, es sei Science Fiction.